Michael Lesy. Dreamland--Amerikas Aufbruch ins 20. Jahrhundert. MÖ¼nchen: Schirmer, 1998. 238 S. DM 98.00 (gebunden), ISBN 978-3-88814-266-6.
Reviewed by Angela Schwarz (FB 1 Geschichte, Gerhard-Mercator-Universitaet - GH Duisburg)
Published on H-PCAACA (February, 1999)
Im Jahr 1898 taten sich drei Maenner zu einem verlegerischen Unternehmen besonderer Art zusammen: William Henry Jackson (1843-1942), der sich zu dem Zeitpunkt mit seinen Photographien von den Landschaften des amerikanischen Westens bereits einen Namen gemacht hatte, der wohlhabende Detroiter Unternehmer und Verleger William A. Livingstone, Jr., der die Rechte an einem neuen Verfahren zur Umwandlung von Schwarz-Weiss-Photos in farbige Bilder und dann zum Druck als Farblithographien erworben hatte, und Edwin H. Husher, ein weiterer Photograph und Verleger von Photographien. Jackson, vielleicht der Photograph des amerikanischen Westens schlechthin, brachte eine grosse Sammlung von Negativen mit in die Partnerschaft, die von Aufnahmen sowohl von ihm selbst als auch von anderen Photographen stammten.
Damit war der Grundstein dafuer gelegt, der wachsenden Nachfrage nach Bildern eines aufstrebenden Amerika mit den Moeglichkeiten zur Massenproduktion und zur massenhaften Verbreitung zu entsprechen. Und die neue Unternehmung, die von 1905 an den Namen Detroit Publishing Company (zuvor Detroit Photographic Company) trug, traf mit den Motiven und Aussagen ihrer Farbpostkarten, Diapositive und Panoramabilder von bis zu 380cm Breite mitten ins Schwarze. In den besten Jahren ihres fuenfundzwanzigjaehrigen Bestehens verkaufte die Gesellschaft sieben Millionen Bilder pro Jahr in die ganze Welt. Ein Teil der Bilder kam aus Jacksons Bestand, ein anderer entstand 1902, als Jackson mit einer Gruppe von Photographen durchs Land reiste, und ein weiterer Teil wurde von Dutzenden von 'Hausphotographen' erstellt: Aufnahmen von Landschaften, Szenen an Eisenbahnlinien, Ansichten von Staedten und Doerfern, Gebaeude, Bruecken, Parks, von Industrieanlagen, Handels- und Kriegsschiffen - wobei der Spanisch-Amerikanische Krieg von 1898 verstaerkt ein Interesse an Kriegsschiffen aufkommen liess.
Der Photohistoriker Michael Lesy hat aus der Bilderflut 183 (Schwarz- Weiss-) Aufnahmen ausgewaehlt, um eine Synopse der wirtschafts-, innen- und aussenpolitischen Ereignisse, der Entwicklungen von Technik und Industrie, der kulturellen Neuerungen ergaenzt und unter folgenden Ueberschriften zu einem Kaleidoskop zusammengestellt: Menschenmassen und einsame Gestalten, Gebaeude und Gerueste, Parks und Promenaden, Frachter und Zerstoerer, Negerkinder und Straeflinge, Gebaendigte und ungebaendigte Natur, Die geschminkte und die ungeschminkte Realitaet und Steingewordene Traeume. Die Aufnahmen bringen symbolkraeftig den ungebrochenen Optimismus eines Landes zum Ausdruck, das ins 20. Jahrhundert und damit ins Zeitalter einer Weltgeltung der amerikanischen Nation aufbricht. Und doch scheint mir darin nicht das zu liegen, was an den Bildern - heute, vielleicht auch fuer manche zeitgenoessische Betrachter - am meisten fasziniert. Denn mehr als die dargestellte Groesse Amerikas imponiert die Rolle, die den Menschen auf vielen Bildern zugewiesen ist. Sie erscheinen vor dem Hintergrund einer maechtigen Natur oder einer ebenso beeindruckenden von Menschen gemachten Umwelt einmal als Flaneure, dann als Arbeiter oder Naturliebhaber oder auch als Muessiggaenger. Immer aber mutet ihre Zahl dem heutigen Betrachter erstaunlich gering an, selbst auf den Bildern, die Menschenmassen zeigen sollen. Wer den Anblick uebervoelkerter Mega-Staedte am Ende des 20. Jahrhunderts vor Augen hat, dem faellt auf den Photos der Company von New York oder San Fransisco und erst recht der Kleinstaedte und Fabriken das Fehlen von Gedraenge und klein gewordenen Raeumen an der Schwelle des Massenzeitalters auf, oder anders ausgedrueckt: der findet in ihnen ein Bild bemerkenswerter Freiraeume und Entfaltungsmoeglichkeiten. Ein Traum? Der Titel dieses ueberaus empfehlenswerten Buches vom Traumland Amerika ist in vielfacher Hinsicht gut gewaehlt.
Uebrigens wird ein Teil der Bilder der Company, und zwar diejenigen, die oestlich vom Mississippi aufgenommen wurden, heute in der Library of Congress aufbewahrt. Sie koennen unter der Internet-Adresse <http://lcweb2.loc.gov/detroit/ dethome.html> abgerufen werden.
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Citation:
Angela Schwarz. Review of Lesy, Michael, Dreamland--Amerikas Aufbruch ins 20. Jahrhundert.
H-PCAACA, H-Net Reviews.
February, 1999.
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